Das sagt die Presse über Sissy Staudinger

 

Pressestimmen:

Unbeschreiblich weiblich

Staatstheater Cottbus

 

Märkische Allgemeine                                                                 Samstag, 05.06.2010

 

BÜHNE: Kein Blut im Schuh


Das Staatstheater Cottbus entdeckt die feminine Liebe zur Fußbekleidung


COTTBUS - Frauen parken schlecht ein. Männer hören nicht zu. Letztere lügen immerzu, während die ersten ständig Schuhe kaufen. – Nun gut. Es mag ja sein, dass an derlei schablonenhaften Aussagen etwas dran ist. Was, das ist allerdings die Frage. Und die gehört hierher. Denn hier geht es um Frauen und um Schuhe.
Die kommen jetzt nämlich auch auf der Bühne zusammen: In Cottbus, wo Schauspielkapellmeister Hans Petith, der Pianist Frank Petzold und die Schauspielerinnen Sigrun Fischer, Johanna Emil Fülle und Sissy Staudinger einen Liederabend erarbeitet haben, in dem es um die beiden großen, femininen Dauerthemen geht. Und um Männer. Um Prinzen, genauer gesagt. Doch davon später.
Nina Hagens schriller End-70er-Rocksong „Unbeschreiblich weiblich“ gibt dem Abend in der Kammerbühne des Staatstheaters den Titel. Doch trotz der punkigen Anleihe kommt Hans-Holger Schmidts Schauplatz recht bieder daher. Wir blicken in einen Schuhladen: weiße Regale, Paletten und Podeste, in und auf denen jede Menge Schuhe und Kartons mit der Aufschrift „Schuh Bidu“ auf Kundinnen warten.
Anfangs regnet es vor der Tür in Strömen – außerhalb der Oasen weiblicher Glückseligkeit, soll das wohl heißen, herrscht nun mal ein raues Wetter – und so kann Johanna Emil Fülle in das Reich von Ballerinas, High- heels, Pumps und Pantoletten flüchten. Mit der Handtasche über den Kopf. Die Frisur muss ja geschützt sein. Frauen und Haare – noch so ein Dauerthema. Doch das ist eine andere Geschichte.
Diese hier handelt, wie gesagt, von Schuhen und vom Prinzen. Dem von Aschenbrödel. Weil es ja um Fußbekleidung geht. Aus diesem Grund hören wir auch ab und an einige Sätze aus dem Märchen. Und deshalb wird am Ende der fröhlich-freche Aschenbrödel-Song des Musikkabarettisten-Duos Weber-Beckmann gesungen. Eine ganz große Nummer.
An den Prinzen allerdings glaubt in Cottbus niemand mehr so recht. Dieser wird denn auch, als er – als Pup- pe – aus dem Bühnenboden fällt, von den Frauen prompt ganz schnell beerdigt. Standesgemäß in einem Schuhkarton. „Neue Männer braucht das Land“ – schwups, schon fliegt der Gute von der Bühne. Ina Deter, Wir sind Helden, Funny van Dannen, Chapeau Claque, Goergette Dee und Terry Truck – so geht es mal heiter, mal ironisch durchs Programm.
Doch es gibt auch manchen alten Schlager und ganz hohes Liedgut. Ein Mix, der da frisch über die Rampe schnurrt. „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“ singt Johanna Emil Fülle und verlegt sich findig auf die Rolle des naiven Blondchens.
Im Duett mit Sigrun Fischer, die eine leicht angeschlagene Karrierefrau gibt, streitet sie mit Mozarts „Ich bin die erste Sängerin“ um die Rangfolge und mit Marianne Rosenbergs „Er gehört zu mir“ um den zweiten Stiefel. Später schnurrt Sissy Staudinger Robert Schumanns Heinrich-Heine-Lied „Ich grolle nicht“, während Sigrun Fischer in „Bésame Mucho“ der Mexikanerin Consuelo Velázquez schwelgt. Das sind wunderbare Nummern. Sigrun Fischer ist hier ganz in ihrem Element und kann sich endlich wieder einmal gesanglich wie spielerisch austoben. Dass auch ihr, wie dem Publikum, hin und wieder die Luft wegbleibt, hat sie Sissy Staudinger zu danken. Diese Frau ist eine Wucht. Wenn sie singt, halten nicht nur das Publikum, sondern auch ihre Mitstreiterinnen den Atem an.
Selbst wenn dramaturgisch gewiss mehr möglich gewesen wäre, „Unbeschreiblich Weiblich“ ist ein sehens- und hörenswerter Abend. Die Interpretation der Musik, der Gesang und die so unterschiedlich wie wandlungsreichen Charaktere der Darstellerinnen überzeugen.
Da vergisst man geradezu die Frage, was nun eigentlich an den Aussagen dran ist, dass Männer nicht zuhören und Frauen ständig Schuhe kaufen.